geschrieben im März 2006

1993 wurde ich aus meinem geregelten Leben heraus gerissen, als ich krank wurde und die Diagnose Multiple Sklerose erhielt. Von 1993-1995 hatte ich fünf Schübe. Die Symptome reichten von Missempfindungen wie Pelzigkeit oder Bandagengefühl über Sehstörungen wie Doppelbilder und motorischen Ausfällen von Armen und Beinen mit Gehstörungen bis hin zu kleineren Lähmungen, Drehschwindel und Gleichgewichtsproblemen. Zeitweise konnte ich keine Reize von Außen mehr ertragen (Gespräche, TV, Radio, selbst intensives Rot einer Blume war zuviel) und erkannte auch manchmal Bekannte nicht mehr. Die beunruhigende Ungewissheit meiner Zukunft sowohl beruflich (ich hatte umgehend meine Bürostelle verloren) und somit finanziell als auch gesundheitlich, stürzte mich oftmals zusammen mit der Angst vor der MS in große Verzweiflung. Die Schübe wurden mit Cortison behandelt und zwei Jahre lang nahm ich auch ein Immunsuppressiva. Dieses setzte ich dann auf eigene Verantwortung ab, da ich es für ungesund hielt, das Immunsystem einfach zu unterdrücken. Ich denke, dass man Medikamente sehr wohl eine zeitlang als Krücke benützen und sie in einer positiven Grundhaltung einnehmen kann. Eine Lösung auf Dauer sind sie für mich nicht.

In mir war von Anfang an auch der Glaube, dass man sich selbst heilen kann und so machte ich mich auf den Weg – besuchte Kurse, Seminare und Vorträge, las entsprechende Bücher und tauschte mich mit anderen aus. Ein Schlüsselerlebnis gab es für mich Anfang 1994 in einem Seminar, in dem es um die Körperenergie ging und ich erstmalig auch die Begriffe Qi und Meridiane hörte. Nachdem ich mir vorgestellt hatte, mit den Füßen tief in der Erde verwurzelt zu sein, konnte man mich nicht mehr hochheben. Warum auch immer das so war – meine Schlussfolgerung damals: „Dann kann ich mir ja auch vorstellen, gesund zu sein!“

Über das Wort "Heilung" kann man diskutieren. Für die einen heißt es, dass eine Krankheit zum Stillstand kommt mit oder ohne bleibende Symptome, für die anderen, dass sie sozusagen "weg" ist. Heilung kann aber auch nur innerlich sein. Manchmal hat der Körper immer noch oder weiterhin Defizite, aber dennoch kann sich ein Mensch innerlich "heil und ganz" fühlen. Manchmal ist körperliche Heilung auch nicht (mehr) möglich.

In meinen vielen dunklen Stunden, lag ich oftmals nur da, gab mich dem inneren Schmerz und meiner Verzweiflung hin, auch irgendwie einer höheren Macht und spürte plötzlich etwas im Körper – mal war es etwas Fließendes oder Prickelndes, mal Wärme. In der Annahme, es müsse sich wohl um Heilenergie handeln, ließ ich sie durch meinen kranken Körper fließen. Rückwirkend denke ich heute, dass mich so das Stille Qi Gong gefunden hat und ich es. Im fünften Schub bekam ich von einer Bekannten die Telefonnummer von einem in München lebenden Qi Gong Meister namens Zhi Chang Li. Obwohl ich eigentlich über Qi Gong nichts wusste, besuchte ich über Ostern 1995 ein mehrtägiges Seminar für Anfänger, denn klar war auch, dass ich so, wie´s war, eher nicht mehr weiterleben wollte. Und siehe da – das Stille Qi Gong, das auf Stühlen sitzend rein mit der Vorstellungskraft geübt wird, war mir gar nicht fremd. Meister Li erklärte, dass man durch das Üben von Qi Gong einen Krankheitsverlauf verlangsamen oder stoppen kann. Der gesundheitliche Zustand kann sich auch verbessern. Also gab es für mich kein Halten und kein Zweifeln mehr - Ich übte 1 ½ Jahre für mich alleine und mit wachsendem Vertrauen während ich schon in dieser Zeit schubfrei blieb. Anschließend nahm ich an einem zweijährigen Ausbildungslehrgang von Meister Li teil, dem bis heute Seminare folgen. MS-Schübe hatte ich keine mehr und fühle ich die zurück gebliebenen Symptome (z. B. Mißempfindungen), erinnert es mich daran, dass ich achtsam bleiben sollte, denn die Diagnose steht halt.

Oftmals werde ich gefragt, was ich denke, wodurch es gelungen ist. Nun, natürlich kann ich dies nicht bis ins letzte Detail wissen oder gar beweisen, aber ich denke, dass neben einer gewissen Gnade des Schicksals und hauptsächlich dem Qi Gong folgende Dinge eine Rolle gespielt haben mögen:

- Ich habe ein Tagebuch geführt, Psychotherapie gemacht, den Schmerz über die Krankheit und mein „früheres“ Leben durchlebt.

- Ich habe die Situation letztlich (circa zwischen drittem und viertem Schub und auch eher zwangsläufig) angenommen, wie sie nun einmal war. Das Loslassen von Vorstellungen, wie alles sein sollte, den Kampf aufzugeben und im Fluss der Dinge und des Lebens vertrauensvoll mitschwimmen, bedeutet nicht, dass man passiv aufgibt – es ist vielmehr ein aktives Handeln im Nichthandeln. Mir wurde an einem Punkt klar, dass ich letztlich nur wie ein Staubkorn bin verglichen zum weiten Universum und doch ein Teil davon und aufgehoben darin.

- Meine Lebensphilosophie war und ist, einen tieferen Sinn in Geschehnissen und Umständen zu finden und zu verstehen, um dann an mir und meinem Leben Dinge positiv zu verändern. Auch habe ich mir ganz generell die Frage nach dem Sinn des Lebens und dem Sinn meines Lebens gestellt. Heute denke ich, dass es meine Lebensaufgabe ist, in der Folge meiner Erfahrungen, das Stille Qi Gong weiter zu geben.

- Ich habe die Krankheit trotz allem nicht als Feind und als etwas Äußeres gesehen. Sie kann durchaus eine Art Freund sein, der einem aufzeigen möchte, was nicht rund läuft und was man ändern sollte. Hierbei haben mir u.a. die Deutungen und Meditationen von Rüdiger Dahlke geholfen. Durch Visualisierung kann man Antworten aus dem Unterbewussten erhalten und sich den Heilungsvorgang vorstellen. Man kann in einem meditativen Zustand auch Kontakt zur Krankheit oder zum verursachenden Anteil aufnehmen, um zu fragen, was sie einem mitteilen möchte. Meine MS wollte beispielsweise befreit werden (durch Liebe sagte sie auf Nachhaken). Andere Krankheiten wollen umarmt werden oder so. Meiner Erfahrung nach, sind die aufkommenden Bilder nicht bösartig – die Krankheit möchte nur wahrgenommen werden, das ist der erste Schritt. Sehen, anschauen, annehmen.

- Humor und Freundschaften finde ich wichtig.

- Musik war für mich ein Mittel, Kontakt zur Seele, zum Unterbewusstsein und zu „Höherem“ (könnte man Kosmos, Gott, Schicksal etc. nennen) zu bekommen. Während der Krankenhausaufenthalte bekam ich diverse Musikcassetten geschenkt. Die Musik von Kitaro hat mich damals bis ins Innerste berührt und auch entstanden von allein Vorstellungen vom Heilvorgang – beispielsweise die Wirbelsäule hochschwebende Elfen, die mit ihren Zauberstäben Vernarbungen entfernten.

- Ich habe diverse Methoden ausprobiert wie Tai Chi, Yoga oder autogenes Training. Für mich persönlich war das Stille Qi Gong dann der Weg. Durch das Üben reguliert man nicht nur das Qi im Körper, wodurch Selbstheilungsprozesse angeregt werden. Mit der Zeit wird man innerlich immer ruhiger und gelassener, womit das Leben generell leichter und froher wird. Man erkennt krankmachende Verhaltensweisen eher und besser, so dass man sie ändern kann. Qi Gong und Meditation sind nicht dazu gedacht, dass man nurmehr in höheren Sphären schwebt – vielmehr soll das dabei Erlebte dazu dienen, wach im Kontakt mit dem Leben, mit dem Außen zu sein.

- Gedanken produzieren Gefühle, Worte und Taten. Darum ist es mir wichtig, meine Gedanken wahrzunehmen und zu reflektieren. Im Körper können Gedanken bzw. die Emotionen Stoffwechselvorgänge, Zellstrukturen, Immunsystem, chemische Abläufe etc. beeinflussen. Dieses Wissen liegt dem Qi Gong u.a. zugrunde, die Emotionen sind in der TCM bekannt und auch z. B. Dr. Bach mit seinen Blüten wusste davon.

- Mir ist aufgefallen, dass viele Mitpatienten Streß in ihrer Arbeitssituation oder im Privatleben haben (letzteres war bei mir langfristig der Fall und weitere Stressoren folgten kurzfristig wie Kündigung, Ärger mit der Vermieterin etc. bevor die Krankheit ausbrach). Streß ist ein subjektiver Faktor und hängt selten von den äußeren Umständen ab, sondern entsteht im Menschen selber. Eine stressige Partnerschaft ist äußerst ungesund!

- Ich bewahre mir Dankbarkeit und Demut. Eine 100%ige Sicherheit gibt es für nichts im Leben und gelegentliche Angst erinnert mich nur immer wieder einmal daran, wo´s langgeht.

Viele Wege führen nach Rom und das Entscheidende ist, dass man sich auf den Weg macht und nicht resignierend und zweiflerisch in einer passiven, leidenden Position verharrt. Es ist keinem weitergeholfen, wenn man Schuld und Verantwortung nach Außen, an die Umstände oder andere Menschen abgibt, obwohl dies auf den ersten Blick leicht und praktisch zu sein scheint. Eine Art grundlegendes Vertrauen ins Leben, ein Gottvertrauen ist hilfreich. Damit gesegnet, weiß man, dass absolut alles, so wie es ist, genau richtig ist. Weitere Methoden, die hilfreich sein können, sind beispielsweise Familienaufstellung, Hypnose und auch gerade für kopfgesteuerte Menschen Körpertherapieen wie (Mikro)Kinesiologie, Skantherapie (sh. Ganpro) (abgeleitet auch von der Reich´schen Therapie über die ich vor Jahren das Buch "Über den Körper die Seele heilen" gelesen habe), NLP und wenn man "Medikamente" nehmen möchte, dann vielleicht eher was aus der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) oder Homöopathie. Letztlich zielen diese ja auch nicht nur auf den Körper, sondern auch auf Geist und Seele ab.

April 2006: Die Tage habe ich im Fernsehen einen Bericht über Andrea Sixt gesehen, die Brustkrebs hatte. Sie nimmt gerade ihr Buch als Hör-CD auf und in dem Filmausschnitt ging es um drei Sätze. Da ich finde, dass da was dran ist, möchte ich sie hier wiederholen:

Wenn Du diese drei Sätze mit Ja beantworten kannst, kannst Du fast nicht mehr krank werden. Wenn Du auch nur einen mit Nein beantwortest, mußt Du etwas ändern - nicht irgendwann, JETZT!
Ich liebe, was ich tue.
Ich liebe, wo ich bin.
Ich liebe, mit wem ich bin.

Im Mai 2006 hatte ich "Nachtcafé" angesehen und sie hatten Rüdiger Dahle in der Sendung. Als er zum Schluß gefragt wurde, wie man sich am besten gesund erhält sagte er, zum Einen auf der körperlichen Ebene durch ein einfacheres Leben (Ernährung, Bewegung) und auf der seelischen Ebene: Lieben, was man tut, mit wem man ist und wo man ist.

Love it,
change it,
or leave it!

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